Alternative Mobilitätsangebote für Menschen mit Behinderung

Mobilität spielt eine entscheidende Rolle in der Gestaltung von Freizeit, Arbeit sowie Reisen. Menschen mit Behinderung sind dabei auf barrierefreie Mobilitätsangebote angewiesen, um sich uneingeschränkt beruflich und privat entfalten zu können. Dabei kommt nicht für alle Betroffenen ein eigenes Auto in Frage, sei es aus Kostengründen oder wegen einer körperlichen Einschränkung. Blindheit oder mangelnde Muskelkraft können Hindernisse auf dem Weg zum eigenen Fahrzeug darstellen. Für diese Menschen nehmen öffentliche Verkehrsmittel und Fahrdienste eine wichtige Rolle im Alltag ein. Der folgende Artikel klärt über verschiedene Möglichkeiten der Beförderung auf und erläutert die Voraussetzungen für finanzielle Fördermittel und Ermäßigungen.
Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr
Der öffentliche Nahverkehr ist für viele Menschen ein zentrales Mittel, um den Arbeitsplatz, die Ausbildungsstätte, den Supermarkt, die Arztpraxis oder Freunde und Verwandte zu erreichen. Daher ist es umso wichtiger, dass öffentliche Verkehrsmittel barrierefrei für alle Mitglieder der Gesellschaft nutzbar sind. Davon profitieren neben Menschen mit Behinderung auch Eltern mit Kinderwagen, Kinder sowie ältere und verletzte Menschen. Mit dem Inkrafttreten des erneuerten Personenbeförderungsgesetzes am 01.01.2013 ist die Durchsetzung der Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr bis zum 01.01.2022 gesetzlich vorgeschrieben. Richtlinien bezüglich der Höhe des Einstiegs, der Breite der Türen und der Anzahl an barrierefreien Sitzmöglichkeiten sind beispielsweise in diesem Gesetzestext festgelegt. Busse und Straßenbahnen sind mittlerweile in der Regel mit einer Rollstuhlrampe ausgestattet, jedoch werden gerade in ländlichen Regionen oftmals noch Reisebusse im Nahverkehr eingesetzt, welche nicht barrierefrei nutzbar sind.
Als Leitmotiv für die Barrierefreiheit gilt das Zwei-Sinne-Prinzip. Laut diesem Prinzip müssen immer mindestens zwei der drei Sinne Hören, Tasten und Sehen angesprochen werden. Eine Ansage am Bahnsteig wird beispielsweise zusätzlich auf einem Bildschirm angezeigt. Dies verbessert die Aufnahme von Informationen, nicht nur für Menschen mit Behinderung.

Ermäßigungen im öffentlichen Nahverkehr
In Deutschland ist der öffentliche Nahverkehr für schwerbehinderte Menschen ermäßigt oder sogar kostenlos nutzbar. Der Schwerbehindertenausweis wird beim zuständigen Versorgungsamt beantragt und ist grün-orange eingefärbt, falls der öffentliche Nahverkehr kostenlos genutzt werden kann. Die konkreten Vergünstigungen werden durch den sogenannten Nachteilsausgleich geregelt und sind vom Grad der Behinderung abhängig.
Generell gilt, dass für die ermäßigte oder kostenlose Reise in Bus und Bahn eines der folgenden Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis vermerkt sein muss:
- H (Hilflosigkeit)
- Bl (Blindheit)
- G (Gehbehinderung)
- aG (außergewöhnliche Gehbehinderung)
- Gl (Gehörlosigkeit)
Um den ÖPNV nutzen zu können, ist eine Wertmarke nötig. Diese wird ebenfalls vom zuständigen Versorgungsamt ausgestellt, wobei
eine Eigenbeteiligung von 80 Euro im Jahr anfällt. Dabei sind folgende Gruppen von der Eigenbeteiligung befreit:
- Hilflose (H) oder blinde Menschen (Bl)
- Entschädigungs- (EB) und versorgungsberechtigte (VB) Personen
- Asylbewerber
- Schwerkriegsbeschädigte Menschen
- Einkommensschwache Menschen
Tipp: Sofern Ihre Wertmarke noch mindestens sechs Monate gültig ist und Sie sie nicht mehr brauchen, kann sie auch beim zuständigen Versorgungsamt wieder zurückgegeben werden. Sie bekommen dann die Hälfte der Eigenbeteiligung erstattet.
Die Kombination aus Schwerbehindertenausweis und Wertmarke befähigt Menschen mit Behinderung deutschlandweit Busse, Straßenbahnen, U‑Bahnen, S‑Bahnen, Regionalbahnen, Fähren im Orts- und Nahbereich, Regional- und InterRegio-Expresse kostenfrei zu nutzen. Schnellzüge wie der Intercity (IC) oder der Intercity Express (ICE)
sowie Züge von privaten Unternehmen sind auch für Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis kostenpflichtig.
Fernreisen mit Behinderung
Für den Fernverkehr müssen auch Menschen mit Behinderung in der Regel den vollen Preis zahlen. Bei Bahn- oder Flugreisen sollte das entsprechende Reiseunternehmen bereits im Vorfeld kontaktiert werden, um sicherzustellen, dass die Reise barrierefrei stattfinden kann. So kann ein reibungsloser Reiseverlauf gewährleistet werden. Sowohl am Flughafen als auch am Bahnhof erwartet die Betroffenen für gewöhnlich ein Mitarbeiter, der beim Ein- bzw. Ausstieg behilflich ist.
Die Deutsche Bahn bietet ab einem Grad der Behinderung von mindestens 70 Prozent auch Vergünstigungen im Fernverkehr an. Die Bahncard 25 bzw. 50 kann gegen Vorlage des Schwerbehindertenausweises vergünstigt erworben werden.
Fernreisen bedeuten generell viel Planungsaufwand für die Betroffenen. Bei der Deutschen Bahn ist eine Anmeldung 24 Stunden im Voraus nötig, bei Flugreisen meist sogar 48 Stunden. Weiterhin ist eine Mitnahme von Rollstühlen im Flugzeug häufig schwierig. Nassbatterien, wie sie in manchen Rollstühlen verbaut sind, können nicht ohne weiteres im Flugzeug transportiert werden und für die Reise im Passagierraum müssen Betroffene oftmals auf einen Rollstuhl der Airline zurückgreifen. Neuere Großraumflugzeuge wie der Airbus A380 sind mittlerweile teilweise mit behindertengerechten WCs ausgestattet. Buchen Sie Ihre Flüge so früh wie möglich und setzten Sie sich mit Ihrem Reiseunternehmen bzw. dem Flughafen in Verbindung, um mögliche
Komplikationen früh zu erkennen und zu beheben.
Behindertenfahrdienste
Eine weitere Möglichkeit für mobilitätseingeschränkte Menschen von A nach B zu kommen, sind Fahrdienste. Deutschlandweit setzen das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser und die Johanniter speziell geschultes Personal bei der Beförderung von Menschen mit Behinderung ein und ermöglichen ihnen Fahrten zu Veranstaltungen, Arztbesuchen, der Ausbildungsstätte, dem Arbeitsplatz sowie zu Freizeitaktivitäten und privaten Besuchen. Weiterhin bieten viele Städte und Kommunen rollstuhlgerechte Fahrzeuge an, um Arztbesuche, aber auch private Fahrten durchzuführen. Neben den kirchlichen Trägern gibt es auch konfessionell unabhängige Wohlfahrtsorganisationen wie den Arbeiter-Samariter-Bund sowie auch private Anbieter, die beispielsweise mit den Krankenkassen zusammenarbeiten. Die Regelungen für die Kostenübernahme variieren regional und nach Anbietern. Lassen Sie sich am besten direkt beim entsprechenden Unternehmen beraten.
Für schwerbehinderte Menschen, denen eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zugemutet werden kann, werden die Kosten übernommen. Voraussetzung dafür ist ein Eintrag im Schwerbehindertenausweis mit dem Kennzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), H (Hilflosigkeit) oder B (Begleitperson). Weiterhin werden Fahrten zu ambulanten medizinischen Behandlungen sowie zur Ausbildungsstätte besonders behandelt.
Tipp: Genaue Informationen und Hilfe bei der Antragstellung auf Kostenübernahme erhalten Betroffene bei den örtlichen Kreisverbänden des DRK oder bei den Maltesern.
Taxifahrten für Menschen mit Behinderung
Taxis fallen nicht unter die öffentlichen Verkehrsmittel und können daher auch nicht pauschal kostenfrei genutzt werden. Fahrten mit dem Taxi müssen vorab von der Krankenkasse genehmigt werden. Eine Ausnahme von dieser Regel stellen Fahrten zu stationären ärztlichen Behandlungen dar.
Für Menschen mit den Kennzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), Bl (Blindheit) und H (Hilflosigkeit) sowie für Menschen mit der Pflegestufe I oder II kommt eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse in Frage. Hierzu müssen Sie einen Antrag ausfüllen und diesen zusammen mit einer Kopie des Schwerbehindertenausweises an die Krankenkasse schicken. Sofern der Antrag genehmigt wird, zahlen Sie lediglich den gesetzlichen Eigenanteil an den Taxikosten. Der Eigenanteil beträgt maximal 10 Prozent der Fahrtkosten, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro pro Fahrt.
Eine Kostenübernahme durch die Agentur für Arbeit ist möglich, wenn durch die Taxifahrt die berufliche Integration gefördert werden kann. Hierfür muss ein entsprechender Antrag eingereicht werden, wobei Sie beachten sollten, dass Taxis nicht als dauerhafter Fahrdienst zum Arbeitsplatz genutzt werden können. Diesbezüglich kann es sinnvoll sein, sich bei der Gemeinde nach Fahrdiensten für Menschen mit Behinderung zu erkundigen.
In jedem Fall sollte ein behindertengerechtes Taxi rechtzeitig bestellt werden, um sicherzustellen, dass das Fahrzeug genügend Platz für den Transport von Hilfsmitteln bietet.
Wichtig: Taxis übernehmen keine Tragedienste. Müssen Sie vor Ort in ein Gebäude gebracht werden, so sollten Sie rechtzeitig Hilfe organisieren bzw. eine Begleitperson mitnehmen.

Mitnahme von Begleitpersonen und Begleithunden
Sofern der Schwerbehindertenausweis das Kennzeichen B enthält, ist der Ausweisinhaber dazu berechtigt, eine Begleitperson mitzunehmen. Die Begleitperson reist sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr kostenlos mit und muss in der Lage sein, nötige Hilfe und Unterstützung leisten zu können. Die Begleitperson fährt ebenso kostenlos mit, wenn die behinderte Person keine Wertmarke erworben hat.
Auch Begleithunde können kostenlos im Nah- und Fernverkehr reisen. Generell gilt in Deutschland, sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr, die Beförderungspflicht. Von dieser sind auch Menschen mit Behinderung nicht ausgenommen. Lediglich in Ausnahmefällen kann die Mitnahme verweigert werden, z. B. wenn das Fahrzeug nicht für die Mitnahme eines Rollstuhls geeignet ist.
Fazit
Öffentliche Verkehrsmittel und Fahrdienste stellen wichtige und unverzichtbare Mobilitätsangebote für Menschen mit Behinderung dar. Der öffentliche Nahverkehr ist zunehmend bemüht, sein Angebot barrierefrei zu gestalten, um so immer mehr Menschen die Mitfahrt zu ermöglichen und zu vereinfachen. Ebenso stellen Behindertenfahrdienste für Menschen mit starken körperlichen Einschränkungen eine Möglichkeit dar, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Die Nutzung von Fernverkehr und Taxis gestaltet sich für mobilitätseingeschränkte
Menschen hingegen mitunter sehr schwierig. Längere Reisen und die Nutzung des Fernverkehrs erfordern meist einen hohen Planungsaufwand und eine genaue Organisation im Vorfeld.
Die Kostenübernahme hängt von der Art der Behinderung ab kann durch verschiedene Kostenträger übernommen werden. Die Agentur für Arbeit, das zuständige Versorgungsamt und die Krankenkasse kommen beispielsweise in Frage und stehen Ihnen neben dem DRK und den Maltesern beratend zur Seite.
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