Unfallratgeber – Richtiges Verhalten bei einem Unfall

Kleine Unfälle passieren schnell – kurz abgelenkt oder einen Abstand falsch eingeschätzt und schon hat es gekracht. Im städtischen Berufsverkehr bleibt es häufig bei einem Blechschaden. Kommt es hingegen bei höheren Geschwindigkeiten wie auf der Autobahn zu einem Unfall, gibt es nicht selten Personenschäden und sehr hohe Sachschäden.
Erste Hilfe zu leisten und eine schnelle Absicherung der Unfallstelle gehören dann zu den wichtigsten Aufgaben von Unfallbeteiligten oder Zeugen. Doch wie geht das eigentlich? Erfahren Sie hier, wie Sie sich nach einem Unfall richtig verhalten und die Unfallstelle korrekt sichern, um Folgeunfälle zu vermeiden. Außerdem lesen Sie hier, warum eine sorgfältige Unfalldokumentation wichtig ist und wie Sie den Unfall am besten dokumentieren.
Mit der Checkliste zum Verhalten nach einem Autounfall sind Sie gut informiert und für den Ernstfall gewappnet. Drucken Sie sie am besten gleich aus und bewahren Sie sie im Handschuhfach Ihres Fahrzeugs auf.
Sicherung der Unfallstelle
Ist es zu einem Zusammenstoß gekommen, sollten Sie vorsichtig bremsen und Ihr Auto kontrolliert zum Stehen bringen. Vermeiden Sie zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu plötzliches Bremsen. Schalten Sie den Motor Ihres Fahrzeuges aus und betätigen Sie die Warnblinkanlage.
Ziehen Sie vorsorglich eine Warnweste an, damit Sie von Anderen gesehen werden. Denken Sie beim Verlassen des Fahrzeuges daran, Handy, Verbandkasten und Warndreieck mitzunehmen. Verschaffen Sie sich anschließend einen Überblick über die Unfallsituation und stellen Sie das Warndreieck auf, um den nachfolgenden Verkehr zu warnen. Mit Handzeichen können Sie gegebenenfalls andere Autofahrer auffordern, langsam zu fahren, stehenzubleiben oder Hilfe zu rufen.
Bringen Sie sich bei der Sicherung der Unfallstelle keinesfalls selbst in Gefahr! Wenn Sie nicht in der Lage sind, gefahrlos den Unfallort abzusichern, übernehmen dies die Feuerwehr und die Polizei. In diesem Fall und wenn Personen zu Schaden gekommen sind, ist es wichtig, schnellstmöglich Hilfe unter der europaweiten Notrufnummer 112 anzufordern.
Handelt es sich bei dem Unfallwagen um ein neues Modell (ab April 2018), wird bei einem schweren Unfall nach Auslösen des Airbags automatisch ein Notruf abgesetzt („eCall“). Über eine SOS-Taste im Fahrzeug kann auch in medizinischen Notfällen wie einem Herzinfarkt schnellstmöglich Hilfe angefordert werden.
- Vorsichtig bremsen
- Motor ausschalten
- Warnblinkanlage anschalten
- Warnweste anziehen
- Fahrzeug verlassen (inkl. Handy, Verbandkasten, Warndreieck)
- Warndreieck aufstellen
- Notruf absetzen (112 oder 110)
- Bei Personenschäden: Erste Hilfe leisten
Wissen, was nach einem Verkehrsunfall zu tun ist: Hier finden Sie alle Informationen zum Verhalten nach einem Unfall zusammengefasst.
Wichtig: Bleiben Sie nicht im verunglückten Fahrzeug zurück! Alle Insassen des Unfall- oder Pannenfahrzeugs müssen eine Rettungsweste anziehen und das Fahrzeug schnellstmöglich verlassen. Warten Sie gemeinsam an einer sicheren Stelle, beispielsweise hinter der Leitplanke.

Warndreieck richtig aufstellen
Das Warndreieck dient der Kenntlichmachung einer Gefahrenstelle. Es soll in einem bestimmten Abstand zur Unfallstelle aufgestellt werden, um den nachfolgenden Verkehr zu warnen. Je nach Ort und der damit verbundenen Geschwindigkeit der Fahrzeuge gelten folgende Richtwerte als Abstand zur Gefahrenstelle:
Stadtgebiet: | 50 Meter |
Landstraße: | 100 Meter |
Autobahn: | 150 bis 400 Meter |
Als Orientierung dienen Leitpfosten am Straßenrand: Sie sind auf geraden Strecken immer im Abstand von 50 Metern. An unübersichtlichen Stellen wie hinter Kurven oder Kuppen muss das Warndreieck vor dem Sichthindernis platziert werden. Auf der Autobahn wird das Warndreieck am Rand des Seitenstreifens aufgestellt, auf anderen Straßen am Fahrbahnrand.
Achtung: Machen Sie Ihr liegengebliebenes Fahrzeug nicht korrekt als Hindernis kenntlich, droht ein Bußgeld. Die Höhe können Sie im Bußgeldkatalog bei Bußgeldrechner.org einsehen.
Laufen Sie nach einer Panne oder einem Unfall nicht auf der Fahrbahn! Gehen Sie stattdessen hinter der Leitplanke und laufen Sie dem Verkehr mit aufgeklapptem Warndreieck entgegen.
Erste Hilfe leisten und Rettungsdienst informieren
Verschaffen Sie sich nach einem Unfall zuerst einen Überblick über die Situation. Vergewissern Sie sich, dass es allen Fahrzeuginsassen gut geht oder ob durch den Unfall jemand verletzt wurde. Es wird empfohlen, zunächst die Unfallstelle zu sichern, um folgende Fahrzeuge zu warnen. Außerdem können andere Verkehrsteilnehmer so auf das Geschehene aufmerksam gemacht werden und gegebenenfalls Hilfe anfordern, während Sie sich wieder den Verletzten widmen können.
Das Leisten von Erster Hilfe ist in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Jeder ist verpflichtet in einer Notsituation Hilfe zu leisten. In den meisten Fällen ist unmittelbar nach einem Verkehrsunfall kein medizinisches Fachpersonal vor Ort. Unfallbeteiligte oder Zeugen haben oft Hemmungen zu helfen und Angst, etwas falsch zu machen. In jedem Fall sollte dann der Notruf gewählt werden, denn auch das Absetzen des Notrufs gehört zur Ersten Hilfe.
Die europaweite Notrufnummer ist 112. Schildern Sie den Unfall knapp und präzise, beginnen Sie dabei mit dem Wichtigsten. Warten Sie auf Nachfragen der Leitstelle und befolgen Sie die Anweisungen am Telefon. Legen Sie erst auf, wenn Sie dazu aufgefordert werden.
Bekannte W‑Fragen zur Anforderung von Hilfe
- Wo ist es passiert?
- Was ist passiert?
- Wie viele Verletzte?
- Welche Art von Verletzungen?
- Wer ruft an?
- Warten auf Rückfragen
Wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen und Ihr eigenes Leben dabei nicht in Gefahr bringen, leisten Sie Erste Hilfe. Bergen Sie den Verletzten aus der Gefahrenzone und erfassen Sie den Zustand des Opfers. Versorgen Sie Wunden und prüfen Sie die Reaktion und die Atmung. Wenn nötig, bringen Sie den Verletzten in die stabile Seitenlage oder beginnen Sie mit der Wiederbelebung. Auch Trösten und Beruhigen des Verletzten gehört als Ersthelfer dazu. Sprechen Sie mit dem Verletzten und informieren Sie ihn, dass bereits professionelle Hilfe gerufen wurde.
Bei vielen Verkehrsteilnehmern ist der letzte Erste-Hilfe-Kurs schon viele Jahre her. Wissen Sie noch, wie Sie ein Unfallopfer in eine stabile Seitenlage bringen oder es bei einem Atemstillstand wiederbeleben? Die ersten Minuten nach einem Unfall sind für Verunfallte entscheidend. Frischen Sie daher regelmäßig Ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse auf und trauen Sie sich, zu helfen!

Polizei zum Unfall hinzuziehen
Muss bei jedem Unfall die Polizei gerufen werden? Wenn sich die Unfallgegner einig sind und es sich um einen Bagatellschaden handelt, muss keine Polizei hinzugezogen werden. In folgenden Fällen muss die Polizei informiert werden:
- Personenschaden
- Hoher Sachschaden
- Unklare Schuldfrage
- Unfallflucht
- Annahme eines Straftatbestands (vorgetäuschter Unfall, Verdacht auf Alkohol oder Drogen)
- Ausländischer Fahrzeugführer ohne Versicherungsschutz (grüne Versicherungskarte)
- Unfall mit einem Wildtier

Was ist ein Bagatellschaden?
Um einen Bagatellschaden handelt es sich, wenn nur geringfügige äußere Schäden am Fahrzeug vorliegen. Eine gesetzlich festgelegte Bagatellschadengrenze gibt es nicht. Versicherungen berufen sich oft auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2004, in dem rund 700 Euro festgesetzt wurden. Steigende Reparaturkosten und höhere Arbeitslöhne erhöhten diese Grenze in den vergangenen Jahren. Für den Laien muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass es sich um einen kleinen Schaden handelt.
Beweise sichern und Daten aufnehmen
Bei Unfällen mit Personenschaden und mit hohem Sachschaden sollte immer die Polizei hinzugezogen werden. In diesem Fall übernimmt die Polizei die Unfallaufnahme. Vor Eintreffen der Polizei können Sie bereits Fotos vom Unfallort und vom Unfallschaden machen sowie eine Unfallskizze anfertigen. Achten Sie auf eine genaue Dokumentation des Unfalls, das ist später wichtig bei der Schadensregulierung.
Das sollten Sie am Unfallort fotografieren:
- Übersichtsaufnahme der Gesamtsituation
- Stellung der Fahrzeuge aus mehreren Richtungen
- Bremsspuren
- Beschädigungen an den Fahrzeugen
- Schäden an anderen Dingen
Fotografieren Sie messbare Punkte wie Verkehrsschilder, Straßenlaternen oder Ähnliches zur besseren Einschätzung mit.
Achten Sie bei der Beweissicherung und der Schadenaufnahme unbedingt auf den laufenden Verkehr. Räumen Sie bei Bagatellschäden zügig die Unfallstelle, um den Verkehr nicht zu behindern und weitere Unfälle zu vermeiden.
Diese Daten sollten Sie mit den Unfallbeteiligten austauschen:
- Persönliche Angaben: Name, Adresse, Telefonnummer
- Polizeiliche Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge
- Angaben zu Versicherung, Versicherungsnummer
Bitten Sie Unfallzeugen, bis zum Eintreffen der Polizei am Unfallort zu warten. Füllen Sie gemeinsam mit dem Unfallgegner einen Unfallbericht aus. Ein Unfallbericht ist kein Schuldanerkenntnis, sondern dient der sachlichen Wiedergabe des Unfallhergangs für eine schnellere Schadensregulierung. Es gibt ein europaweit einheitliches Formular, um den Ablauf eines Unfalls festzuhalten. Drucken Sie sich den Unfallbericht am besten gleich in zweifacher Ausführung aus und legen Sie ihn mit einem Stift griffbereit in Ihr Handschuhfach.
Achtung Betrug
Besondere Vorsicht gilt bei Unfällen, bei denen es keine Zeugen gibt oder zu denen keine Polizei hinzugezogen wird. Dokumentieren Sie in jedem Fall gewissenhaft den Unfall und sichern Sie alle Beweise. Geben Sie kein vorzeitiges Schuldanerkenntnis ab und unterschreiben Sie keine pauschalen Abtretungserklärungen oder Ähnliches. Seien Sie skeptisch, wenn die komplette Unfallabwicklung vom Unfallgegner übernommen werden soll. Hier besteht das Risiko, dass unabhängige Berater (Anwalt, Sachverständiger) umgangen werden. Hinterfragen Sie auch spätere Angebote der gegnerischen Haftpflichtversicherung kritisch und holen Sie sich im Zweifel eine zweite Meinung ein.
Unfallstelle räumen und verlassen
Sind die Beweissicherung und der Datenaustausch der Beteiligten beendet, sollten Sie die Unfallstelle nicht sofort verlassen. Packen Sie Ihr Warndreieck wieder ein und säubern Sie die Unfallstelle. Ist es Ihnen nicht möglich, übernimmt das die Feuerwehr, beispielsweise die Bindung ausgelaufener Flüssigkeiten. Prüfen Sie vor der Weiterfahrt die Verkehrssicherheit Ihres Fahrzeuges. Gegebenenfalls ist es notwendig, einen Unfallwagen abzuschleppen. Nähere Informationen zum Abschleppen finden Sie hier. Denken Sie daran, den Schaden innerhalb einer Woche Ihrer Versicherung schriftlich zu melden.
Fazit
Durch erhöhtes Verkehrsaufkommen kommt es häufiger zu Unfällen. Bewahren Sie nach einem Unfall Ruhe und verschaffen Sie sich einen Überblick über das Unfallgeschehen. Durch Sicherung der Unfallstelle können weitere Schäden vermieden werden. Fordern Sie unter der europaweiten Notrufnummer 112 Hilfe an und leisten Sie nach Möglichkeit Erste Hilfe. Achten Sie stets auf Ihre eigene Sicherheit! Ist der erste Schreck überwunden, beginnen Sie mit einer sorgfältigen Unfalldokumentation und melden Sie Ihrer Versicherung den Unfall. Wir wünschen Ihnen gute Fahrt.
Textquellen
https://www.adac.de/verkehr/verkehrssicherheit/verkehrsmedizin/erste-hilfe-verkehrsunfall/
https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/verkehrsunfall/absichern-der-unfallstelle/
https://www.bussgeldkatalog.org/unfallstelle-absichern/
Bildquellen
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