VW Golf IV 1.4 Generation 1999: Das Beste aus dem Golf-Club?

Golf IV – vertrautes Gesicht, schräge Farbe.

Als Volkswagen vor über 20 Jahren noch Volkswagen baute, war der Golf das genügsame Maß der Dinge. Haltbare Baukastentechnik mit einer Menge (Über-)Lebensraum für bis zu fünf Personen. Und mindestens die Sondermodelle sehen auch als Youngtimer noch immer frisch und frech aus!

Quick Facts VW Golf IV

  • Bauzeitraum: 1997 – 2003
  • Karosserien: Kombilimousine, Kombi, Cabriolet
  • Benzinmotoren: 1,4 Liter – 3,2 Liter
  • Dieselmotoren: 1,9 Liter
  • Tankinhalt: 55 Liter
  • Stückzahl: ca. 4.300.000 weltweit
  • Preise 2021: 300 € – 4.000 €

Ein Golf ist ein Golf ist ein Golf

Autoklischees ändern sich über die Jahrzehnte wie Musikgeschmack. In den frühen 70ern fuhren Studenten, wenn überhaupt, einen Käfer, einen R4 oder eine Ente. Alternativer Auftritt und mit wenig Geld ’ne kleine Karre mit Pril-Blumen drauf lenken. Dann kam 1974 der Golf. Den fuhren dann gefühlt alle. Wirklich sprichwörtlich alle. Später wurde er aber nicht etwa das neue Studentenauto, oh nein. Studenten fahren inzwischen G‑Klasse, BMW X6 oder Audi Q7 😉 Der Golf hat sich als Dauerläufer für Clevere gemausert und auch nach zwei Jahrzehnten kann ein gepflegtes Exemplar eine wunderbare Spardose sein.

Nur zwei Türen – aber eine AHK!
Ein Kofferraum, der sich so nennen darf.

Zeitlos und für immer jung

Mit dem kleinsten zu bekommenden 1,4 Vierzylinder Motor hat dieses VW-Golf-IV-Sondermodell “Generation” weniger PS als so mancher aktuelle Rasentrecker. Das finde ich angesichts des Dreizylinder-Drehorgel-Wettrüstens in zeitgenössischen Kleinwagen sehr sympathisch. 

Das Sondermodell ist auch innen abgefahren.

Man plumpst in die zweifarbigen, bequemen Sitze und fühlt sich irgendwie sofort zu Hause. Auch wenn ich noch nie einen eigenen Golf besessen habe. Den biederen Buchhalter-Look hat der Vierer (1J) abgelegt, dass er aus dem vergangenen Jahrtausend kommt, sieht man ihm nicht an.


Käffchen und Kippchen

Viele Gebrauchtwagen haben gar keine Cupholder und nur winzig kleine Aschenbecher. Deshalb checke ich (als Nichtraucher) in dieser Serie auch immer die Abstellmöglichkeiten für Coladosen und Kaffeetassen sowie die vom Fahrersitz aus erreichbaren Aschekapazitäten. 

Ja wo ist er denn? Ach, da!

Der Golf IV hat den klassisch zu kleinen Ascher vor dem Schaltknüppel auf der Mittelkonsole. Der, bei dem man die Asche auf dem Weg dahin über dem Teppich verliert. Getränkehalter finde ich keine. Sind die gut versteckt?


Vorn ist also viel Platz für alle menschlichen Baureihen. Und hinten, vorbei am geklappten Sitz, ist auch noch ein Wolfsburger Sofa, sogar mit einer Mittelarmlehne. Da will man doch gleich volltanken und mit drei Freunden nach Südfrankreich fahren oder?

Peppiger als das Buchhalter-Grau.

Update schon drin?

Die Kraft von 75 Pferden genügt, um trotzdem als Underdog zur Uni zu fahren. Parkt man dann im Winter im Schatten eines Q7, kann der kalte Wind schon mal zu Eisbildung im Motoröl führen. Kein Scherz. Volkswagen bot später die kostenlose Nachrüstung einer beheizbaren Kurbelgehäuseentlüftung an. 

Besser verpackt als ein Karnevalsumzug.

Man sagt dem 1,4 Liter Vierzylinder unabhängig davon im Alter einen erhöhten Ölverbrauch nach. Und die frühen Schaltgetriebe vaporisieren sich gern mal von selbst, weil die Nieten zum Differential zu klein sind und rausploppsen. Aber solange das alles abgeklopft ist, zieht der kleine Freund sauber an den fünf Gängen und klingt kerngesund.

Der beste Golf aller Zeiten?

Ferdinand Piëch führte seinen Konzern mit harter Hand, drückte die Kosten und hob gleichzeitig den Qualitätsstandard an. Der Golf IV galt als der beste Golf aller Zeiten und räumte sämtliche Tests ab. Das spürt man im Inneren auch noch nach 22 Jahren. Der Kunststoff wirkt wertig, alle Schalter klacken vertrauenerweckend und diese blau illuminierten Armaturen muten irgendwie beruhigend an. 

Im Golf zu sitzen ist wie nach Hause zu kommen.

Okay, es schlüpft mal ein Schalter nach innen. Es bricht mal eine Plastikführung der Fensterheber. Aber wir haben es hier mit einem Fahrzeug zu tun, das mit frischer HU gerade mal so viel kostet wie die Monatsmiete einer Vierzimmerwohnung in der Stadt. Kalt. Und dort sowie überland rollt der Millionenseller sauber voran, klappert nicht und zieht mit seiner Sonderlackierung sogar ein paar Blicke auf sich. Geht doch.

Der Golf wirkt auch nach 22 Jahren modern.

Die Referenz im Niedrigpreis

Das Schweißgerät kann beim Golf IV getrost im Keller stehen bleiben. Die vollverzinkten Bleche waren eine Reaktion auf ein paar größere Rostproblemchen beim pummeligen Vorgänger. Und auch alle anderen gängigen Verschleißteile sind beim Vierer auf Golf-Niveau. Gefühlt ist nichts teurer als 50 Euro. Könnt Ihr Euch an die Werbekampagnen der freien Werkstattketten erinnern? Bremsscheibenwechsel und Bremsklötze komplett schon ab 35 Euro? Oder so ähnlich? Die Referenz des kleinstmöglichsten, preiswertesten Zahlenspiels war fast immer ein Golf.

Ein (Marken-)Wasserkühler kostet nicht mehr als ein Kinobesuch für zwei mit Nachos und Bier, selbst die gern mal aufrauchenden Zündspulen sind preiswerter als ein Donald-Duck-Comic mit Naschitüte und großer Cola am Kiosk. Recherchiert einmal selbst, das macht richtig Spaß. Dem anderen Studenten mit dem X6 treibt das Tränen in die Augen. Und mir bleibt Geld für ein paar Pril-Blumen-Aufkleber übrig.

Alle Ersatzteile rund um den Golf IV 1.4.

Sparschweinchens bester Freund

Ob man den Golf IV nun mag oder nicht, ist meistens erst die zweite Frage. Hey. Es ist ein Golf, da lassen wir mal die epischen Emotionen außen vor. In dieser Farbkombination und Ausstattung pocht das Herz allerdings schon ein bisschen schneller als beim anthrazitfarbenen Graustoffer Diesel. Faktisch gibt’s hier ein zuverlässiges Auto mit Platz, heute einigermaßen klischeefrei und in der Anschaffung gnadenlos günstig. Und wenn die Erneuerung aller HU-relevanten Verschleißteile kaum mehr kostet als ein Satz neuer Reifen, mag man so einen Wolfsburger gar nicht mehr hergeben. Klickt Euch mal durch die Anbieter, wir vergleichen für Euch die Preise. Das ist schon sagenhaft. Ich überlege derweil, nochmal BWL zu studieren und dann dem Typen mit der G‑Klasse die Freundin auszuspannen.

VorteileMillionenfach gebaut
Viel Auto für wenig Geld
Gute Verarbeitungsqualität
Variantenreiche Ausstattungen
Gutes Platzangebot
Sparsame Motoren
Hervorragende Ersatzteillage
NachteileBiedere Massenware
Im Alter erhöhter Ölverbrauch
Vereinzelte “Kinderkrankheiten” früher Modelle
vereinzelt Rost an Heckklappe und Kotflügeln
Diesel nur mit roter Umweltplakette
VR6 kann Steuerkettenprobleme haben
Preise300 € – 4.000 €
KleinigkeitenMicroschalter in den Türen defekt
Zentralverriegelung macht sich selbstständig
Kabelbaum Heckklappe kann brechen
Zündspulen sterben gern

FAQ

Ist ein gepflegter VW Golf IV alltagstauglich?

Die vierte Generation von Volkswagens Millionär ist quasi die Definition der Alltagstauglichkeit. Für jeden Geschmack gibt es den richtigen Motor, vom Diesel bis zum GTI oder VR6 gibt sich der Wolfsburger als sparsame Familienlimousine, gut motorisierter Familienkombi oder Rennsemmel mit Straßenzulassung. Die Technik und das Blech sind robust und haben sich in hohen Stückzahlen bewährt. Wer beim Anblick nicht direkt einschläft, kann wenig falsch machen. Nur die Sache mit den Umweltzonen wird langsam eng.

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Wie ist die Ersatzteillage?

Kurz und knapp: Perfekt. Als Fahrer eines VW Golf IV lacht man über die jammernden Nachbarn, die gerade ihren Neuwagen aus der Werkstatt geholt und für die Inspektion so viel bezahlt haben wie Ihr für Euer ganzes Auto inklusive ein Jahr Vollkasko und Steuern. Alle Verschleißteile sind neu so preiswert, dass man gar nicht auf die Idee kommt, sie gebraucht zu organisieren. Ein Golf IV ist die Referenz der preiswerten Ersatzteile!

Ersatzteile für den Golf IV »

Ist der Golf IV langweilig?

Ja. Nein. AAARRRHHH. Was ist denn schon langweilig? Gegen einen Alfa Romeo Spider ist jeder Golf langweilig. Aber was wollt Ihr denn haben? Wollt Ihr ein zuverlässiges Fahrzeug mit großem Platzangebot? Einen Wagen, mit dem man auch zu viert lange Reisen entspannt machen kann? Der Golf der vierten Generation hat wenige wirkliche Schwachstellen und ist im Unterhalt sowie den Ersatzteilen sagenhaft preiswert. Manche bezeichnen das nicht als “langweilig”, sondern als “entspannt”. Und hey – habt Ihr mal einem VR5 oder VR6 die Sporen gegeben? Holla die Waldfee. Alfa Spider Fahrer wissen, was ich meine.

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Welcher Motor ist bei einem Golf IV empfehlenswert?

Das Wolfsburger Baukastensystem bietet für jeden Charakter im VW Golf IV einen passenden Motor an. Der 1.9 Liter TDI in drei Ausbaustufen gilt als ausgereift, zuverlässig und durchzugsstark. Und er lässt sich mit 5 Litern auf 100 Kilometer bewegen, wenn die Umweltzone einen denn lässt. Die Vierzylinder, der VR5 oder gar der VR6 kommen von 75 PS bis 204 PS mit 5‑Gang-Schaltbox oder 4‑Stufen-Automat, bei höheren Motorisierungen gab es sogar die 5‑Stufen-Tiptronic und den Allradantrieb 4MOTION. Alles ist bewährte Volkswagentechnik, nehmt, was Euch gefällt.

Ist ein Golf IV rostanfällig?

Nein. Nachdem der Vorgänger in Sachen Korrosionsschutz nicht gerade glänzte und das Image der Marke nachhaltig nach unten zog, setzte Konzernchef Piëch beim Golf IV lange und große Hebel in Bewegung. Hervorragende Rostvorsorge und eine gute Verarbeitung lassen den Wagen auch im Alter noch gut aussehen. Klassisch kann die Heckklappe gammeln, vor allem wenn der Wischwasserschlauch abgeploppst ist und alles zitronenduftig nach innen pumpt. Blätter, Dreck und Tannennadeln verstopfen im Vorderwagen die Abläufe und lassen die Kotflügel an der A‑Säule unbemerkt rosten. Aber da genügt ein beherzter Griff in den Radkasten, um alles zu säubern.


Jens Tanz – der Sandmann

Jens spielt seit seinem 16. Lebensjahr mit alten und nicht ganz so alten Autos im Maßstab 1:1. Diese Leidenschaft machte er nach ein paar Irrwegen in die Physik und die Elektrotechnik zum Beruf und schrieb Artikel und Kolumnen für AutoBILD, AutoBILD Klassik, GRIP – Das Motormagazin, Spiegel Online, das Drivestylemagazin TRÄUME WAGEN und die AUTO Classic. Heute betreut der Kieler über die Agentur elbkind reply die Social-Media-Kanäle vom Mercedes-Benz Museum in Stuttgart und führt mit “Sandmanns Welt” das etwas andere Tagebuch eines patchworkenden Autofahrers.

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