Ratgeber Wildunfall

Vorsicht Wildunfall: Rehe überqueren die Straße

Mit zunehmender Dunkelheit steigt das Risiko von Wildunfällen. Besonders in den frühen Morgen- und in den Abendstunden passieren häufig Zusammenstöße mit Wildtieren. Im Herbst, wenn die Sommerzeit auf die Winterzeit umgestellt wird, verlagert sich der Berufsverkehr in die Dämmerung. Das kann bei unachtsamer Fahrweise die Häufigkeit von Wildunfällen beeinflussen.

Durchschnittlich 750-mal am Tag kommt es zu einem Wildunfall. Die meisten Wildunfälle ereignen sich in den Monaten April und Mai sowie Oktober bis Dezember. Im Jahr 2020 wurden rund 272.000 Wildunfälle registriert, etwa 23.000 weniger als im Vorjahr. Insgesamt belaufen sich die Leistungen deutscher Versicherer auf rund 853 Millionen Euro.1

Doch was zählt als Wildunfall? Als Wildunfall wird ein Zusammenstoß mit einem wilden Tier bezeichnet. Versicherer beschränken ihre Leistungen oft auf Unfälle mit Haarwild, dazu zählen Rehe, Hirsche, Wildschweine und Füchse. Grund dafür ist, dass Kleintiere wie ein Igel in der Regel keine größeren Schäden am Fahrzeug verursachen. Einige Tarife umfassen aber auch Schäden durch Unfälle mit Klein‑, Nutz- oder Haustieren.

Begünstigende Faktoren für einen Wildunfall

An bestimmten Orten und zu gewissen Tageszeiten sollten Autofahrer besonders achtsam sein, um einen Wildunfall zu vermeiden.

An diesen Gefahrenschwerpunkten müssen Kraftfahrer besonders aufpassen:

  • Waldgebiete und Waldabschnitte
  • Straßen entlang von Wiesen und Feldern
  • Hochstehende Maisfelder
  • Übergangsbereiche zwischen Wald- und Feldzonen
  • Neu gebaute Straßen durch den Wald

In den meisten Fällen sind diese Gefahrenbereiche mit dem Verkehrsschild „Achtung Wildwechsel“ gekennzeichnet.

Achtung Wildwechsel: zwischen Feldern queren oft Wildtiere die Straße

Vorsichtsmaßnahmen, um einen Wildunfall zu vermeiden

Durch eine vorausschauende Fahrweise kann das Risiko für einen Wildunfall reduziert werden. In der Dunkelheit und in der Dämmerung sollte stets der Straßenrand im Auge behalten werden. Im Wald gilt grundsätzlich: Geschwindigkeit reduzieren und bremsbereit sein. Tiere halten sich nicht an Verkehrsregeln. Auch wenn ein Waldtier ein Auto erkennt und zunächst anhält, bedeutet dies nicht, dass es stehenbleibt. Durch eine angemessene Geschwindigkeit und erhöhtes Gefahrenbewusstsein der Kraftfahrer können Wildunfälle vermieden werden.

Gut zu wissen

Die Geschwindigkeit bei der Sichtung eines Wildtiers ist entscheidend für die Unfallfolge. Wenn ein Wildtier in 60 Metern Entfernung auftaucht, kann ein Autofahrer bei einer Geschwindigkeit bis 80 Stundenkilometer das Fahrzeug bei entsprechender Reaktion noch rechtzeitig zum Stehen bringen. Bei 100 Stundenkilometern ist der Anhalteweg zu kurz und das Fahrzeug kollidiert mit dem Tier.2

Wild in Sicht – was tun?

Wenn Sie ein Wildtier am Fahrbahnrand entdecken, reduzieren Sie sofort die Geschwindigkeit. Schalten Sie das Fernlicht aus, um das Tier nicht zu blenden. Durch Hupen können Sie versuchen, es zu vertreiben. Denken Sie daran, nicht aufzublenden: Grelles Scheinwerferlicht verwirrt die Tiere und sie verlieren die Orientierung – oft bleiben sie dann einfach stehen.

Haben Sie das Tier verscheucht, fahren Sie unbedingt langsam weiter. Wild ist oft nicht allein unterwegs, sondern im Rudel. Weitere Tiere könnten aufgeschreckt sein und folgen. Fahren Sie deshalb vorausschauend und seien Sie bremsbereit.

Ist ein Zusammenstoß mit dem Wildtier vorhersehbar, bremsen Sie so stark wie möglich ab und halten Sie das Lenkrad mit beiden Händen fest. Achtung: Weichen Sie dem Tier nicht aus! Die Gefahr beim Ausweichen besteht darin, dass Sie in den Gegenverkehr kommen oder die Kontrolle über Ihr Fahrzeug verlieren und gegen einen Baum geschleudert werden könnten.

In der Regel ist der Schaden bei einer Kollision mit einem Wildtier geringer als beim Zusammenstoß mit einem anderen Auto oder Baum. Deshalb: Lieber einen kontrollierten Aufprall mit einem Wildtier in Kauf nehmen, statt ein gefährliches Ausweichmanöver zu riskieren.

ildunfälle passieren häufig in den frühen Morgenstunden oder in der Abenddämmerung

Verhalten nach einem Wildunfall

Für die eigene und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer ist der Zusammenstoß mit einem Wildtier manchmal nicht vermeidbar. Sollte es zu einer Kollision mit einem Wildtier gekommen sein, gilt zunächst Ruhe bewahren. Schalten Sie die Warnblinkanlage ein und ziehen Sie eine Warnweste an. Zur Absicherung der Unfallstelle verwenden Sie ein Warndreieck, das Sie mit entsprechendem Sicherheitsabstand.

Haben sich durch den Unfall Personen verletzt, leisten Sie Erste Hilfe und verständigen Sie den Rettungsdienst unter der Notrufnummer 112.

Informieren Sie bei einem Wildunfall immer die Polizei, auch wenn das Tier nach dem Zusammenstoß geflüchtet ist und keine anderen Verkehrsteilnehmer zu Schaden gekommen sind. Geben Sie Ihren genauen Standort an und dass es sich um einen Wildunfall handelt. Autofahrer, die sich in der Region nicht auskennen, können ihre Koordinaten über ein Navigationsgerät oder einen Online-Kartendienst bestimmen. Alternativ helfen sogenannte Stationszeichen am Straßenrand bei der genauen Standortermittlung für Polizei und Rettungskräfte.

Maßnahmen nach einem Wildunfall
  • Warnblinkanlage einschalten
  • Warnweste anziehen
  • Unfallstelle absichern
  • Bei Personenschaden: Erste Hilfe leisten, Rettungsdienst rufen (Notruf 112)
  • Polizei verständigen (Notruf 110)

Die meisten Wildunfälle passieren mit Rehen

Wildunfall: Verhalten gegenüber einem verletzten oder toten Tier

Ein angefahrenes Tier sollte nicht angefasst werden. Zum einen könnte es auf den Menschen übertragbare Krankheiten haben, beispielsweise Tollwut. Zum anderen lässt sich das Verhalten verletzter Tiere schlecht einschätzen. Es könnte sich wehren oder unkontrolliert davonlaufen und einen weiteren Zusammenstoß verursachen.

Je nach Situation und Möglichkeit kann ein totes Tier mit Handschuhen an den Straßenrand gezogen werden, um Folgeunfälle zu vermeiden. Im Zweifelsfall sollte das Tier an Ort und Stelle bleiben, um beispielsweise eine Rekonstruktion des Unfallhergangs zu ermöglichen.

Häufige Fehler nach einem Wildunfall:

  • Zurücklassen eines verletzten Tieres (Verstoß gegen das Tierschutzgesetz)
  • Entfernen eines toten Tieres vom Unfallort (Wilderei)
  • Flucht vom Unfallort und Nichtmeldung des Wildunfalls (Anzeige wegen Tierquälerei und Geldstrafe möglich)

Eintreffen von Polizei und Jagdpächter

Nach dem Zusammenstoß mit dem Wildtier warten Sie am Unfallort auf das Eintreffen der Polizei. Vergewissern Sie sich, dass Sie die Unfallstelle fachgerecht gesichert haben, um Folgeunfälle zu vermeiden.

Die Polizei sucht am Unfallort und in der Umgebung nach Spuren. Außerdem wird das Auto nach Blutresten und Haaren untersucht und die Schäden durch den Wildunfall dokumentiert. Die Beweis- und Spurensicherung ist später wichtig für die Versicherung.

Der Jagdpächter, verantwortliche Revierjäger oder Förster wird je nach Region meist durch die Leitstelle benachrichtigt. Er kümmert sich fachgerecht um das verletzte oder tote Tier.

Nach der Unfallaufnahme wird durch die Polizei oder den Jagdpächter eine sogenannte Wildschadenbescheinigung ausgestellt. Diese wird benötigt, um Leistungen bei der Versicherung geltend machen zu können.

Hinweis

Im Tierfundkataster können bundesweit Wildunfälle eingetragen werden, auch per App. Die Daten werden durch Wissenschaftler ausgewertet. So können Schwerpunkte ermittelt und Straßen für Tier und Mensch sicherer gemacht werden.

Häufige Schäden nach einem Wildunfall

In den meisten Fällen erfasst ein Fahrzeug ein Wildtier frontal beziehungsweise im vorderen seitlichen Bereich des Autos. Je nach Geschwindigkeit und der damit verbundenen Schwere des Aufpralls ergeben sich unterschiedlich hohe Schäden nach einem Wildunfall. Nach einer Kollision mit einem Wildtier sind oft die Stoßstange, der Kühlergrill, die Kotflügel und die Motorhaube betroffen.

Für Schäden nach Wildunfällen leisteten Versicherer 2020 durchschnittlich rund 3.100 Euro pro Unfall. Im Artikel „Nach dem Unfall: Werkstattwahl und Reparatur“ lesen Sie, welche Schäden Sie nach einem Unfall getrost selbst reparieren können und wann Sie eine Werkstatt aufsuchen müssen.

Das zahlt die Versicherung bei einem Wildunfall

Durch einen Wildunfall können große Schäden am eigenen Fahrzeug entstehen. Die Haftpflichtversicherung übernimmt die Kosten für die Reparatur nicht. Sie übernimmt nur Schäden, die an fremden Fahrzeugen entstanden sind, beispielsweise bei einem Zusammenstoß durch ein Ausweichmanöver.

Oft ereignen sich Unfälle, ohne dass es einen direkten Zusammenstoß mit einem Tier gegeben hat. Dies ist der Fall, wenn der Autofahrer beispielsweise durch das bloße Auftauchen des Tieres erschrocken ist und dadurch die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat.

Die Teilkaskoversicherung übernimmt Schäden nach Wildunfällen, wenn es eindeutig nachgewiesen ist, dass der Schaden durch ein Wildtier (Haarwild) beeinflusst wurde. Der Nachweis kann erfolgen durch:

  • Wildschadenbescheinigung
  • Zeugenaussagen
  • Beweisfotos von Tier, Unfallstelle und Fahrzeug

Es ist möglich, dass der Schaden bei Unklarheiten von einem Gutachter besichtigt werden muss. Autofahrer sollten daher zeitnah ihre Versicherung informieren, die Konditionen in der Versicherungspolice überprüfen und den Unfallwagen nicht waschen.

Fazit

In der dunklen Jahreszeit häufen sich Zusammenstöße mit Waldtieren. Durch eine vorausschauende Fahrweise und besondere Aufmerksamkeit in Waldgebieten und auf Landstraßen kann die Gefahr eines Wildunfalls gemindert werden. Langsames Fahren trägt dazu bei, dass Autofahrer entweder rechtzeitig reagieren können oder die Schäden am Fahrzeug nach einer Kollision geringer ausfallen. Mit einer Wildschadenbescheinigung durch Polizei oder Jagdpächter werden die Kosten für eine Reparatur durch die Teilkaskoversicherung abgedeckt.

Textquellen

1 https://​www​.gdv​.de/​d​e​/​m​e​d​i​e​n​/​a​k​t​u​e​l​l​/​a​l​l​e​-​z​w​e​i​-​m​i​n​u​t​e​n​-​k​o​l​l​i​d​i​e​r​t​-​e​i​n​-​a​u​t​o​-​m​i​t​-​e​i​n​e​m​-​t​i​e​r​-​7​1​626

2 https://​www​.jagdverband​.de/​s​i​t​e​s​/​d​e​f​a​u​l​t​/​f​i​l​e​s​/​B​r​o​s​c​h​u​e​r​e​_​W​i​l​d​u​n​f​a​e​l​l​e​.​pdf

https://​www​.gdv​.de/​d​e​/​m​e​d​i​e​n​/​a​k​t​u​e​l​l​/​a​l​l​e​-​z​w​e​i​-​m​i​n​u​t​e​n​-​k​o​l​l​i​d​i​e​r​t​-​e​i​n​-​a​u​t​o​-​m​i​t​-​e​i​n​e​m​-​t​i​e​r​-​7​1​626
https://​www​.jagdverband​.de/​s​i​t​e​s​/​d​e​f​a​u​l​t​/​f​i​l​e​s​/​B​r​o​s​c​h​u​e​r​e​_​W​i​l​d​u​n​f​a​e​l​l​e​.​pdf
https://​www​.adac​.de/​v​e​r​k​e​h​r​/​v​e​r​k​e​h​r​s​s​i​c​h​e​r​h​e​i​t​/​t​i​e​r​e​/​w​i​l​d​u​n​f​a​e​l​le/

Bildquellen

istock​.com/​m​i​k​sov
istock​.com/​h​a​c​k​i​san
istock​.com/​f​r​o​n​t​p​o​int
istock​.com/​s​w​i​s​s​f​oto

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